Bei der anstehenden Landtagswahl am 8. Oktober 2023 werden auch die Weichen für den öffentlichen Dienst neu gestellt. Die diesbezüglichen Positionen der politischen Parteien betreffen nicht nur die große Anzahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst als Wähler:innen; die Leistungsfähigkeit der Exekutive wirkt sich auch unmittelbar auf die Bürger:innen und Unternehmen im ganzen Land aus. Die politischen Parteien sollten daher in ihren Wahlprogrammen und später in einem Koalitionsvertrag ein über­zeugendes Konzept zur Zukunftssicherung des öffentlichen Dienstes vorlegen.

Die dbb jugend hessen und ihre Mitgliedsverbände haben hierfür konkrete Vorschläge, die  den politischen Parteien vorgelegt wurden. Zum Tag des öffentlichen Dienstes am 23. Juni veröffentlichen wir diese auch hier:

1.    Attraktivität des öffentlichen Dienstes nachhaltig steigern

Eine stark überalterte demografische Struktur und der allgemeine Fachkräftemangel führen im öffentlichen Dienst schon jetzt zu einem erheblichen Personalmangel. Dies wird sich durch die Altersabgänge der geburtenstarken Jahrgänge in den nächsten Jahren noch deutlich verschärfen. Um hier gegenzusteuern und den öffentlichen Dienst in Hessen personell nachhaltig zukunftsfähig aufzustellen, muss die Attraktivität als Arbeitgeber deutlich gesteigert werden, damit Fachkräfte gewonnen, aber vor allem auch gehalten werden können. Sich immer nur auf die Arbeitsplatzsicherheit als Argument zu verlassen, reicht in Zeiten von nahezu Vollbeschäftigung nicht aus. Statt­dessen muss nachhaltig in die Attraktivität und die Beschäftigten investiert werden. Ja, das ist mit gewissen Kosten verbunden, es lohnt sich aber sehr und ist dringend notwendig, wenn der öffentliche Dienst in Zukunft überhaupt noch handlungsfähig bleiben will.

Dazu gilt es, die Tätigkeit im öffentlichen Dienst für Beamt:innen und Tarifbeschäftigte dauerhaft attraktiv zu gestalten. Hierfür bestehen viele verschiedene Möglichkeiten. Im Kern steht eine ausreichende Bezahlung, die die Arbeit wertschätzt und von der ein angemessener Lebensstil finanziert werden kann. Weitere finanzielle Anreize wie Leistungsprämien, Jobtickets u. Ä. sollten ausgebaut werden. Das Landesticket sollte beibehalten und der Geltungsbereich auf den des Deutschlandtickets ausgeweitet werden. Die monetären Aspekte müssen auch mit einer angemessenen Wochen­arbeitszeit und einem entsprechenden Urlaubsanspruch einhergehen. Darüber hinaus werden Flexibilität und Work-Life-Balance immer wichtiger. Hierfür braucht es flexible Modelle für Arbeitszeit und Arbeitsort (z. B. Teilzeitmöglichkeiten und Homeoffice) sowie die Möglichkeit zu Selbstorganisation und eigenverantwortlicher Aufgaben­erledigung.

 

2.    Ausbildung im öffentlichen Dienst stärken

Nachhaltige Arbeitgeberattraktivität beginnt zunächst bei der eigenen Ausbildung. Diese ist häufig der Einstieg in eine Berufslaufbahn im öffentlichen Dienst und eine wichtige Grundlage, um Fachkräfte zu gewinnen. Im öffentlichen Dienst gibt es bereits eine vielfältige Auswahl an Ausbildungs- und Studienangeboten. Diese müssen jedoch fortlaufend modernisiert und weiterentwickelt werden, um einerseits aktuelle Qualitäts­maßstäbe zu erfüllen und andererseits ansprechend und zukunftsfähig auf potenzielle Bewerber:innen zu wirken. Niemand möchte heutzutage eine Ausbildung machen, deren Lehrplan aus den 1980er Jahren stammt. Zudem müssen auch neue Ausbildungs- und Studienangebote geschaffen werden. Insbesondere im Bereich Digitalisierung besteht hier noch ein großer Nachholbedarf. Bewährt haben sich hier insbesondere duale Studiengänge und Kooperationen mit Hochschulen, die nicht nur für den öffentlichen Dienst ausbilden, da diese häufig näher an dem „State of the Art“ und Innovationen dran sind.

Aufgrund der stetigen Aufgabenverdichtung und den sich mehrenden Altersabgängen im öffentlichen Dienst in den kommenden Jahren, ist eine vorausschauende Personal­planung durch Erhöhung der Ausbildungszahlen (sowohl im Angestellten- als auch im Beamtenbereich) anzustreben. Um neues Personal gut und passgenau zu quali­fizieren und jungen Menschen eine berufliche Perspektive zu bieten, sollte der Personalbedarf zu einem hohen Anteil durch eigene Ausbildung gedeckt werden. Die Anzahl der Ausbildungsstellen sollte daher deutlich erhöht werden. Dabei ist der jeweilige regionale Bedarf zu beachten. Gleichzeitig braucht es auch verlässliche Übernahmeperspektiven bei einem erfolgreichen Abschluss. Es muss im öffentlichen Dienst endlich Schluss sein mit Zitterpartien und befristeten Übernahmen! Auch Verbeamtungen bereits während des Vorbereitungsdienstes oder als Perspektive nach einer Ausbildung steigern hier die Attraktivität deutlich.

Aber auch die Bedingungen in der Ausbildung müssen attraktiv sein. Dies beginnt bei der Vergütung, auch von studienintegrierten Praktika und Anerkennungsjahren, und geht über Ausstattung, Betreuung und Aktivitäten bis hin zur Qualität der Ausbildung an den einzelnen Ausbildungsplätzen. Darüber hinaus braucht es eine wirksame Ausbildungswerbung, um qualifizierte Bewerber:innen anzusprechen.

 

3.    Demografiebrücken einrichten

Der öffentliche Dienst ist in erheblichem Maße vom demografischen Wandel betroffen. Das Durchschnittsalter der Belegschaften wächst immer weiter, weil aufgrund der Stelleneinsparungen und des verstärkten Wettbewerbs um Nachwuchskräfte nicht ausreichend junge Menschen eingestellt werden. Bereits jetzt und verstärkt in den nächsten Jahren werden sehr viele Beschäftigte aus dem Dienst ausscheiden. Insbesondere das Ausscheiden der „Babyboomer“-Generation wird den öffentlichen Dienst vor erhebliche Herausforderungen stellen. Neben der Problematik, durch interne Ausbildung und externe Einstellungen ausreichend geeignetes Personal zur Nachbesetzung zu gewinnen, droht ein enormer Wissens- und Erfahrungsverlust. Hier gilt es einen umfassenden Wissenstransfer von den ausscheidenden zu den nach­folgenden Beschäftigten sicherzustellen, damit die Verwaltung weiterhin handlungs­fähig bleibt. Dies wird in der Praxis dadurch erschwert oder unmöglich gemacht, dass Stellen oft erst nach einigen Monaten bis Jahren nachbesetzt werden und es nur in den seltensten Fällen dazu kommt, dass tatsächlich eine vernünftige Übergabe und Einarbeitung stattfinden kann.

Eine mögliche Lösung hierfür ist die Einrichtung von dienststellenbezogenen Stellen­pools, die diesen Wissenstransfer gewährleisten können. Diese könnten so ausge­staltet sein, dass den Dienststellen entsprechend ihrer Altersstruktur ein gewisses Kontingent an zusätzlichen Stellen zugewiesen wird, die dafür verwendet werden, dass ausscheidende Kolleg:innen und die geplanten Nachfolger:innen mindestens ein Jahr lang parallel eingesetzt werden können. Ein solcher Zeitraum ist notwendig, da am Ende der Dienstzeit häufig noch Urlaub, Überstunden usw. abgebaut werden und der Zeitpunkt des tatsächlichen Ausscheidens dadurch früher liegt.

Ist die Kollegin oder der Kollege tatsächlich stellenwirksam ausgeschieden, geht die Stelle zurück in den Pool und kann für den nächsten Übergangsprozess verwendet werden. Bei externen Einstellungen funktioniert dies insofern, dass die nachzubesetzende Stelle einfach früher ausgeschrieben und besetzt werden kann. Bei internen Nachfolgen kann der Stellenpool dazu genutzt werden, mehr Auszubildende, Anwärter:innen sowie Referendar:innen einzustellen, die den Stellenpool füllen.

 

4.    Duale Studiengänge klar regeln

Durch die zunehmende Digitalisierung und fachliche Weiterentwicklungen entstehen im öffentlichen Dienst aktuell vielfältige neue duale Studienangebote. Diese sind in der Regel praxisintegriert und nicht tarifvertraglich geregelt. Hierdurch ist nicht sicher­gestellt, dass für die dual Studierenden angemessene Rahmenbedingungen gelten und deren Rechte und Interessen gewahrt werden.

Es ist deshalb Aufgabe der Landesregierung hierfür geregelte und möglichst einheit­liche Rahmenbedingungen zu schaffen, die sich an den tariflichen bzw. beamten­rechtlichen Regelungen für die schon bestehenden dualen Studiengänge orientieren. Dies umfasst unter anderem Fragen der Bezahlung, des Anspruchs auf Urlaub und Reisekostenerstattung, der laufbahnrechtlichen Anerkennung oder von Rückzahlungs­verpflichtungen. Darüber hinaus sind duale Studierende im Gegensatz zu Auszu­bildenden und Beamtenanwärter:innen nicht wahlberechtigt im Rahmen des Personal­vertretungsrechts. Auch hier ist eine Rechtsanpassung erforderlich.

 

5.    Ausbilder:innen in ihrer Tätigkeit besser unterstützen

Bei der demographischen Situation in vielen Dienststellen werden in den nächsten Jahren die Ausbildungszahlen in vielen Ausbildungsberufen, Studiengängen und Vorbereitungsdiensten deutlich erhöht werden müssen, um den Personalbedarf decken zu können. Neben dem Problem der Gewinnung und Bindung von Nachwuchs­kräften müssen diese aber in den Dienststellen auch von Beschäftigten ausgebildet werden. Es wächst dementsprechend auch der Bedarf an geeigneten Ausbilder:innen. Deshalb ist es notwendig möglichst viele Kolleg:innen dazu zu motivieren, selbst auszubilden oder die Ausbildung zu unterstützen. Zusätzlich braucht es eine Qualitäts­sicherung für die Ausbildung und gute Ausbilder:innen, die in ihrer Tätigkeit unterstützt werden.

Deshalb sollten sich die Verantwortlichen in den Dienststellen mit der Unterstützung der Ausbilder:innen beschäftigen. Die Unterstützung könnte insbesondere folgende Maßnahmen umfassen:

  • Ausbildung als eigenes Aufgabengebiet mit entsprechenden Stellen­anteilen
  • Konzeptionelle Auseinandersetzung mit dem Thema Ausbildung
  • Definition von Aufgaben und Anforderungen an Ausbilder:innen und entsprechende zeitliche Freistellung
  • Informationen und Fortbildungen für Ausbilder:innen
  • Ausbilderbesprechungen, Erfahrungsaustausch und kollegiale Beratung
  • Werbung für die Ausbildungstätigkeit und Setzen attraktiver Anreize

 

6.    Entwicklungs- und Karriereperspektiven verbessern

Mittel- und langfristig müssen den Beschäftigten attraktive Perspektiven aufgezeigt werden. Hierzu gehören Beförderungs- und Höhergruppierungsmöglichkeiten, damit sich Leistung und Engagement lohnen, Fort- und Weiterbildungsangebote, die lebens­langes Lernen und persönliche Entwicklungsperspektiven ermöglichen sowie eine strategische Personalentwicklung, die Beschäftigte aktiv fördert und über ihr gesamtes Berufsleben hinweg motiviert. So kann auch für den öffentlichen Dienst insgesamt das Potential, das in den Beschäftigten steckt, bestmöglich genutzt und gefördert werden.

Neben klassischen Verwaltungskompetenzen und juristischem Sachverstand werden zunehmend auch Organisations- und Managementkompetenzen für die Bewältigung der Aufgaben im öffentlichen Dienst benötigt. Dies erfordert eine entsprechende Qualifizierung der Beschäftigten, damit der öffentliche Dienst nicht in hohem Maße auf externe Beratungsunternehmen angewiesen ist. Deshalb sollten Weiterbildungs­möglichkeiten durch die Ausgestaltung von Rahmenbedingungen aktiv unterstützt und gefördert werden. Insbesondere gilt es, den Zugang zu Weiterbildungen und Aufbau­studiengängen engagierten Beschäftigten zu eröffnen sowie diese zeitlich (durch Frei­stellungen und Teilzeitmöglichkeiten) sowie finanziell (durch die Übernahme von Weiterbildungs- oder Studienkosten) zu unterstützen. Darüber hinaus sollten unter anderem Absolvent:innen von Masterstudiengängen entsprechende Karriere­perspektiven eröffnet werden. Hierzu soll auch das Bewusstsein bei den Dienstherren gefördert werden, dass entsprechende Kompetenzen für die Dienststellen notwendig und wertvoll sind und Masterstudiengänge wichtige und attraktive Personal­entwicklungs- und -bindungsmaßnahmen darstellen.

 

7.    Digitalisierung für und mit den Beschäftigten gestalten

Die zunehmende Digitalisierung in allen Bereichen des Lebens und des Alltags ist inzwischen selbstverständlich. Im Gegensatz dazu liegt die Digitalisierung am Arbeits­platz in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes noch weit zurück. Das muss sich schnell ändern, sowohl, um für die Bürger:innen Verwaltungsleistungen komfortabel digital anbieten zu können als auch, um die Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst attraktiver zu gestalten. Hierfür sind nachhaltige Investitionen in Infrastruktur, Ausstattung und Qualifizierung erforderlich.

Im Mittelpunkt der Digitalisierung muss dabei immer der Mensch stehen. Ergonomie, Funktionalitäten und Abläufe müssen die Bedürfnisse der Beschäftigten berück­sichtigen und diese bei ihrer Arbeit unterstützen. Dann kann durch die Digitalisierung die Arbeit effizienter erledigt und die Beschäftigten von Routinetätigkeiten entlastet werden. Diese freiwerdenden Kapazitäten können wiederum für die Erfüllung komplexer Aufgaben genutzt werden. Die Beschäftigten sind dabei der wichtigste Erfolgsfaktor – nur mit den Menschen, die die Technik gestalten und anwenden, kann die Digitalisierung funktionieren. Deshalb ist es wichtig, wirklich alle Beschäftigten bei diesem Prozess mitzunehmen.

Die Digitalisierung wird nahezu alle Arbeitsbereiche des öffentlichen Dienstes ver­ändern und eine Vielzahl neuer Kompetenzen erfordern. Da dies kein einmaliges Pro­jekt ist, sondern eine dauerhafte Transformation und Weiterentwicklung nötig sein wird, sollte anstatt nur auf externe Beratungsunternehmen zu setzen, vielmehr nach­haltig in die Qualifizierung der eigenen Beschäftigten investiert werden. Daher kommt der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Beschäftigten eine wesentliche Rolle zu. Generell müssen alle Ausbildungsangebote um digitale Themen und zukunfts­gerichtete Kompetenzen erweitert und fortlaufend aktualisiert werden. Die Basis­kompetenzen digitalen Verwaltungshandelns und Veränderungskompetenz müssen fachspezifisch, berufsgruppen- und laufbahngerecht vermittelt werden. Das gleiche gilt auch für die praktische Ausbildung in den Dienststellen. Nur dann können junge Menschen auch „change agents“ sein und zur fortlaufenden Modernisierung in ihren Dienststellen beitragen. Zusätzlich zu den bewährten Ausbildungs- und Studien­gängen müssen zunehmend auch eigene IT-Fachkräfte sowie Fachkräfte an der Schnittstelle zwischen Verwaltung und IT ausgebildet werden. Hierfür eigenen sich duale Studiengänge aufgrund des hohen Praxisbezugs und der attraktiven Bedingungen für die Studierenden. So können diese schon früh an den öffentlichen Dienst gebunden werden. Gleichzeitig müssen diese neuen Angebote auch die üblichen arbeitsrechtlichen Standards des öffentlichen Dienstes erfüllen und verläss­liche Grundlagen haben.

Neben klassischen Verwaltungskompetenzen müssen auch IT- und Management­kompetenzen dann auch als gleichwertig anerkannt werden und Karriereperspektiven eröffnen. Dazu gehört es, z. B. Digitalisierungskompetenzen bei den Beurteilungs­kriterien aufzunehmen und diese in Arbeitsplatz- und Dienstpostenbewertungen zu berücksichtigen. Dies schafft für die Beschäftigten aller Altersgruppen Anreize, sich weiter zu qualifizieren und Veränderungsprozesse aktiv mitzugestalten.

Um für potenzielle Bewerber:innen als Arbeitgeber interessant zu sein oder motivierte Beschäftigte langfristig zu halten, müssen auch die sonstigen Arbeitsbedingungen attraktiv sein. Hier bietet die Digitalisierung neue Möglichkeiten mobiler und flexibler Zusammenarbeit. Dies erfordert allerdings eine entsprechend moderne technische Ausstattung, auch bereits in der Ausbildung. Letztlich müssen auch die Bezahlung und die Karriereperspektiven im Bereich der Digitalisierung im öffentlichen Dienst attraktiver gestaltet werden, um im Wettbewerb um die besten Köpfe erfolgreich zu sein.

Insgesamt gilt es also, die Chancen der Digitalisierung im öffentlichen Dienst nach­haltig zum Wohle der Bürger:innen sowie der Beschäftigten zu nutzen und gleichzeitig die Risiken und Unsicherheiten soweit wie möglich zu minimieren. Die Beschäftigten müssen dabei aktiv eingebunden und mitgenommen werden.

 

8.    Diversität im öffentlichen Dienst fördern

Der öffentliche Dienst ist einer der größten Arbeitgeber in Deutschland. Ihm kommt daher auch eine besondere Vorbildfunktion beim Thema gelebte Diversität in der Belegschaft zu, welche unsere vielfältige Gesellschaft widerspiegelt. Hierbei steht die Stärkung von Werten wie Gleichberechtigung, Offenheit und Akzeptanz im Fokus.

Gelebte Vielfalt, Integration und Inklusion können den öffentlichen Dienst zu einem attraktiven Arbeitgeber für Bewerber:innen und Beschäftigte unterschiedlichster Her­kunft und sexueller Orientierung machen. Eine vielfältige Belegschaft spiegelt nicht nur die Gesellschaft besser wider und erhöht damit die Identifikation mit den staatlichen Institutionen, sondern bietet auch die Chance, dass behördliche Entscheidungen und Maßnahmen verschiedene Perspektiven, Bedarfe und Interessen berücksichtigen und somit für alle besser und gerechter machen.

Die dbb jugend hessen fordert daher, dass die öffentlichen Arbeitgeber/Dienstherren eine zukunftsorientierte Antwort auf diese gesellschaftliche Vielfalt für den öffentlichen Dienst finden. Ziel muss die Förderung von Chancengleichheit unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religionszugehörigkeit oder sexueller Orientierung sowie die Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigungen sein.

 

9.    Ehrenamtliche Tätigkeit von Beschäftigten unterstützen

Das Ehrenamt und die Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren sind eine tragende Säule unserer Gesellschaft, ohne die das Zusammenleben nicht funktionieren würde. Der Staat sollte daher ehrenamtliche Tätigkeiten fördern und hier bei seinen Beschäftigten mit gutem Beispiel voran gehen.

Mögliche Maßnahmen sind unter anderem:

  • Gewährung von Sonderurlaub/Dienstbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeit (ggf. Verbesserung der bestehenden Regelungen)
  • Gewährung von zusätzlichem Urlaub für ehrenamtlich tätige Beschäftigte
  • positive Berücksichtigung bei Bewerbungsprozessen
  • Berücksichtigung ehrenamtlich erworbener Kompetenzen bei Beurtei­lungen und Entwicklungsmöglichkeiten
  • Berücksichtigung ehrenamtlich abgeleisteter Zeiten bei der Berechnung von Erfahrungsstufen
  • Angebot von Ehrenamtstagen, an denen alle Beschäftigte bei einer ehren­amtlichen Organisation „reinschnuppern“ können
  • Projekttage und Aktionen zur Förderung des Ehrenamts bei Auszu­bildenden und Studierenden

 

10. Aktiv gegen Hass und Hetze eintreten

Die dbb jugend hessen betrachtet mit großer Sorge die zunehmende Gewalt­bereitschaft und die wachsende Akzeptanz demokratiefeindlicher Einstellungen. Aber auch die Verrohung der Sprache und Debattenkultur hat sich verschärft. Seit Jahren nimmt die Verhetzung des gesellschaftlichen Klimas und Hate Speech im Netz zu und die Flut der aggressiven Beleidigungen, Einschüchterungen und Gewaltandrohungen auch gegenüber Beschäftigten im öffentlichen Dienst und gewählten Volks­vertreter:innen steigt.

Die dbb jugend hessen fordert alle demokratischen Parteien dazu auf, ihre erheblichen Potentiale zu nutzen, um entscheidend zum Kampf gegen Extremismus und menschenfeindlichen Populismus beizutragen. Insbesondere der Schutz von Beschäftigten des öffentlichen Dienstes vor Hass, Hetze und Gewalt muss ein bedeutendes politisches Anliegen sein. Bei Übergriffen auf Beschäftigte muss der Staat konsequent durchgreifen.

 

11. Konstruktiv mit Personalvertretungen zusammenarbeiten

Bei all den genannten Maßnahmen sollten die Arbeitgeber und Dienstherrn viel stärker ihre Beschäftigten, die Personalvertretungen und die gewerkschaftlichen Interessen­vertretungen einbeziehen. Diese wissen aus der eigenen Erfahrung und dem Kontakt mit der Zielgruppe am besten, weshalb sich Menschen für den öffentlichen Dienst entscheiden, was sie dort hält und weshalb Beschäftigte den öffentlichen Dienst auch wieder verlassen. Gerade junge Beschäftigte sind nah an potenziellen Bewerber:innen dran und besonders in den ersten Berufsjahren ist die Fluktuation recht hoch. Hier besteht also wertvolles Erfahrungswissen, weshalb junge Beschäftigte aktiv in entsprechende Überlegungen und Maßnahmen einbezogen werden sollten.

 

12. Jugend- und Auszubildendenvertretungen stärken

Jugendliche, Auszubildende und Studierende sind zu Beginn ihres Berufslebens in einer besonderen Situation und gegenüber dem Arbeitgeber bzw. Dienstherrn in einer schwachen Position. Daher ist es wichtig, dass die Rechte und Interessen dieses Personenkreises besonders vertreten werden. Hierfür haben Jugend- und Auszu­bildendenvertretungen eine wichtige Rolle. Die politischen Parteien sollten sich deshalb für die Stärkung und bessere Unterstützung der Jugend- und Auszu­bildendenvertretungen im öffentlichen Dienst einsetzen. Dies umfasst insbesondere die Stärkung und Ausweitung der Beteiligungsrechte z. B. bei Bewerbungsverfahren, Einstellungen und Übernahmen, die Unterstützung bei der Bildung von Jugend- und Auszubildendenvertretungen sowie die Unterstützung der Arbeit der Jugend- und Auszubildendenvertretungen durch die Dienststellenleitungen und die Ausbildungs­verantwortlichen.